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Besuchsbericht vom Fliegerhorst-Museum am 01.02.2020 / 29-02-2020:

siehe auch Pressebericht im Amperkurier vom 15.04.2020 hier

siehe auch Pressebericht im Münchner Merkur vom 28.04.2020 hier

Am 01. und am 29. Februar 2020 machten sich zwei interessierte Gruppen des Motorsportclubs (MSC) Fürstenfeldbruck auf, um sich im noch bestehenden Fliegerhorst Fürstenfeldbruck über die Geschichte des Areals zu informieren, welche zum Teil auch im Fliegerhorst-Museum dargestellt wird.

Der geschichtliche Bogen spannt sich dabei von der Entstehung der Luftwaffe und folglich des Fliegerhorstes, über seine Verwendung im und nach dem 2. Weltkrieg und den Ereignissen während des Olympia-Attentats von 1972 bis zur jüngsten Nutzung sowie die vermutliche zukünftige Umwandlung zu einer neuen Siedlung.

Geführt wurden die Gruppen jeweils durch die pensionierten Offiziere Meyer und Remmers, welche als Piloten und Ausbilder viele Jahre im Fliegerhorst Dienst getan haben.

Der ca. 2,5-stündige Streifzug über das Gelände umfasste dabei vor allem die Stationen: Fliegerhorst-Kapelle, Richard-Higgins-Museum (Fliegerhorst-Museum), Air-Force-Platz und alter Tower mit Gedenktafel.

Die eigentliche Führung begann bereits vor dem heutigen Haupteinlaßtor (Tor 1) des Fliegerhorstes. Laut Versailler Vertrag von 1920 durfte Deutschland keine militärischen Flugzeuge besitzen. Aber die Nationalsozialisten ignorierten dieses Verbot. Hermann Göring erhielt von Adolf Hitler den Befehl eine neue militärische Teilstreitkraft, die Luftwaffe, aufzubauen. Dazu wurde in Fürstenfeldbruck die Ausbildungseinheit der neuen Luftwaffe geschaffen, mit Offiziersschule der Luftwaffe und Pilotenausbildungseinheit. Das große Gelände wurde den Bauern abgekauft oder abgepresst. Auch während des Krieges war Fürstenfeldbruck nur Ausbildungseinheit und nie Kampfeinheit. Im und nach dem Krieg nahmen die Amerikaner Besitz von dem großen Flugplatzgelände und gewährleisteten damit eine zentrale Versorgung für die Amerikaner in Bayern.

Zu Zeiten der amerikanischen Besatzungszeit begann der Zaun auf Höhe des Gebäudes der heutigen Sparkasse Fürstenfeldbruck. Kurz hinter diesem einstigen Zaun lagen die Unterkünfte der amerikanischen Unteroffiziere. Am Dienstgrad bemaß sich der zur Verfügung gestellte Wohnraum. Die Unteroffiziere mußten alles zu Fuß abwickeln, weil sie sich von ihrem Sold kein Auto leisten konnten, aber auch, weil es verboten war im Auto unterwegs zu sein. Genau umgekehrt war es für die amerikanischen Offiziere, welche ausdrücklich gehalten waren ein Auto zu haben und damit zu fahren. Ferner sollten sie auch deutsche Frauen als ihre Hausbediensteten anstellen. Die Offizierswohnungen waren für damalige deutsche Verhältnisse sehr üppig bemessen (bis 140 qm) und mit Garage versehen. Die sichelförmigen Bauten in Nachbarschaft zum heutigen Haupttor waren die damaligen Offizierwohnungen. Weitere interessante Details zum damaligen Leben wurden uns von Herrn Meyer vermittelt.

Dann ging es zu Fuß zur Fliegerhorst-Kapelle. Diese Kapelle wurde von den Amerikanern errichtet als ein neutraler und eher schlichter Zweckbau ohne besonders für eine Religion ausgestaltet zu sein. Denn alle Religionen, egal ob Katholiken, Protestanten, Moslems, Juden, Buddisten etc., sollten in der Kapelle ihre Messen für die Soldaten abhalten. Die Kapelle sollte vor allem auch für die Unteroffiziere fußläufig erreichbar sein, was ihren Standort kurz hinter den Unteroffizierunterkünften erklärt. Heute teilen sich die Kapelle der katholische und evangelische Militärgeistliche. Der Freundeskreis der Fliegerhorst-Kapelle hat mittels Spenden eine elektronische Kirchenorgel angeschafft. Wir hatten das Glück, daß Frau Grüll als Organistin Zeit hatte und uns mit mehreren musikalischen Werken auf der Orgel erfreute. Bleibt zu hoffen, daß diese Kapelle ein vereinendes als auch mahnendes Zeugnis für Zusammenhalt (unter den Menschen, Religionen und Konfessionen) auch nach der Fliegerhorst-Konversion bleiben kann, und nicht Baggern und Spekulanten zum Opfer fallen wird.

Anschließend ging es zum Fliegerhorst-Museum, welches nach dem tödlich verunglückten amerikanischen Piloten Captain Richard W. Higgins benannt ist. Zu seinen Ehren trägt die ehemalige Schule West jetzt die Bezeichnung Richard-Higgins-Schule. Higgins steuerte am 05. April 1957 auf einem Werkstattflug eine Maschine vom Typ F84F „Thunderstreak (Donneradler)“. Diese Maschine hatte Triebwerksausfall und er bekam die Ausstiegsanweisung. Jedoch lenkte er das Fluggerät noch über die letzten Häuser von Fürstenfeldbruck hinweg, bevor die Maschine am Boden zerschellte. Der sehr späte Schleudersitzausschuß resultierte in letztendlich tödlichen Verletzungen für ihn. Er hinterließ eine junge Witwe mit 1-, 4- und 6-jährigen Kindern. 

Das Museum ist gut gefüllt mit vielen Andenken, Flugzeugutensilien, Bedienständen etc. . Platz nehmen konnten die Besucher auch auf zwei unterschiedlichen Schleudersitzen, welche in ihrer Funktion erklärt wurden. Besonderes Glück war es, daß ein altes hölzernes Fliegerhorst-Modell der Flugplatzfeuerwehr nicht auf dem Müll landete. Herr Remmers erläuterte anhand des Modells die Entstehung des Fliegerhorstes, den funktionalen Aufbau, die geschichtliche Verwendung der Bauten und auch die heutige Aufteilung / Verwendung. Natürlich ging Herr Remmers auf die unglaublichen Ereignisse während der Olympiade 1972 ein. Als Zeitzeugen der zweiten Reihe berichteten beide Offiziere ihre Erlebnisse jener Tage.

Als folgerichtige Weiterleitung begab sich die jeweilige Gruppe anschließend zum Ort des ehemaligen Attentats, dem Vorfeld des alten Towers. Dort schilderte Herr Meyer nochmals die Geschehnisse und die Befreiungsversuche im Fliegerhorst. Auch, daß durch einen Querschläger die Stromversorgung und somit die Beleuchtung des Flugfelds und der Funk ausfiel. Die verworrenen und irreleitenden Informationen von Rundfunk und Presse wurden auch angesprochen. Als Abschluß wurde den getöteten jüdischen Sportlern und dem erschossenen deutschen Polizisten gedacht (siehe Bilder).

Es sei angemerkt, daß seitens der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Frau Charlotte Knobloch, dieser Attentatsort im Fliegerhorst Fürstenfeldbruck als Gedenkort aufgewertet werden soll und nicht jener im Olympiadorf, weil die Ermordung der meisten israelischen Sportler in Fürstenfeldbruck stattgefunden hat. Das Konzept ist jedoch noch im Anfangsstadium in Hinblick auf Ausgestaltung und Finanzierung.

Nach einem Besuch am sogenannten Air-Force-Platz, an dem alle wichtigen Zeremonien vollzogen wurden, u.a. auch die Rückgabe des Fliegerhorstes aus amerikanischen Besitz an die deutsche Luftwaffe vom letzten 5-Sterne General „Herny H. Arnold“, der Heer und Luftwaffe befehligte, ging es - vorbei an einer F84F „Thunderstreak“ vor dem Offiziercasino - zu einem abschließenden Umtrunk ins Casino. 

Es bleibt zu hoffen, daß die Überführung des Fliegerhorstes in eine zivile Nutzung auch dem geschichtlichen Vermächtnis Rechnung trägt und einige wichtige Bauten, außer den bereits denkmalgeschützten Bauten, als besondere Lern-, Erlebnis- und/oder Gedenkorte für Besuchergruppen erhalten bleiben. Dies wird die Attraktivität des Gebiets um Fürstenfeldbruck, Maisach und Gernlinden bestimmt unterstützen.

Fürstenfeldbruck war und ist nach wie vor noch die Wiege und der zentrale Ausbildungsstandort der Luftwaffe. In Verantwortung für die Weitervermittlung geschichtlicher Ereignisse sollten auch der Bund, das Land Bayern, das Verteidigungsministerium und die Kirchen an einem klugen und für zukünftige Generationen lehrreichen Konzept für das Areal Interesse haben.

Text: Matthias Keller
 
 
 
 
Gruppe 2020-02-01
Gruppe 2020-02-29
 

 
Modell Fursty
Opfergedenktafel Olympiaattentat 1972
 


 
 
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